“I see a red door and I want it painted black. No colours anymore, I want them to turn black”, heißt es in der ersten Strophe der Rolling Stones-Single “Paint It Black”. Zeilen, die die Geschichte von Lincoln Clay nicht besser untermalen könnten. Der Rocksong mit der eigenwilligen Melodie und den schwarzseherischen Lyrics wird heute aufgrund seiner Verwendung in Filmen wie Full Metal Jacket oder Serien wie NAM – Dienst in Vietnam oft mit dem Vietnamkrieg verbunden. Zusammen mit 100 anderen ausgewählten Songs namhafter Interpreten wie The Animals, The Beach Boys, Johnny Cash, Sam Cooke oder Otis Spann bildet “Paint it Black” den Soundtrack zu Mafia III.
Bereits den Vorgängern des dritten Mafia-Spiels gelang es, Bilder und Musik in Einklang zu bringen und uns in authentische Welten zu entführen. Der hauptsächlich aus klassischem Jazz bestehende Soundtrack des ersten Teils der Mafia-Reihe stammt größtenteils aus der Feder des Gitarristen Django Reinhardt und fügt sich nahezu perfekt zwischen die Fedoras, Nadelstreifenanzüge und Tommy-Guns der Salieris und Morellos. Die Geschichte von Mafia II hingegen ist in den 1940er und 50er Jahren angesiedelt. Aus den Auto-Lautsprechern des Protagonisten Vito Scaletta erklingen die Lieder von Bing Crosby, Buddy Holly und den Andrew Sisters. Auch hier leistet die musikalische Gestaltung einen nicht minder wichtigen Beitrag zur Gangster-Atmosphäre des Spiels. Mafia III setzt die Tradition seiner Vorgänger fort, doch der Ton ist diesmal ein anderer. Er ist wilder, pulsierender, aufmüpfiger.
Von Classic Rock, Soul und Blues bis zu klassischer Zydeco-Musik aus den Südstaaten – Mafia III spielt in den späten 1960er Jahren; die einzelnen Stücke des Action-Adventures decken das breite musikalische Spektrum dieser Ära ab und übertragen deren Zeitkolorit auf die Spielwelt: Die kraftvollen Soul-Songs schwarzer Künstler wie Aretha Franklin (“Respect”) oder James Brown (“I Got You (I Feel Good”) beispielsweise, die Lincoln Clay auf seiner Reise begleiten, entstanden zu einer Zeit, in der Rassismus in den Vereinigten Staaten an der Tagesordnung war und das Civil Rights Movement um die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung kämpfte. Der Soul der 1960er Jahre verbindet traditionelle, aus dem Süden stammende Gospel-Elemente mit schwungvollen Rhythm‘n’Blues-Klängen; das erstarkende Selbstbewusstsein der afroamerikanischen Bevölkerung schwingt sowohl in der Musik als auch in den Texten mit. Aretha Franklins “Respect” gilt seit jeher als Manifest des schwarzen Befreiungskampfes.
Energische Soul-Hymnen als Ausdruck des sozialen Umschwungs, knatternde Rock-Songs, die einen romantischen Road Trip-Vibe versprühen, und die vielen weiteren Stücke des Mafia III-Soundtracks helfen aber nicht nur dabei, den Zeitgeist der 1960er Jahre einzufangen und damit zur Atmosphäre und Glaubwürdigkeit der Spielwelt beizutragen. Auch lassen sie uns Spieler tiefer darin eintauchen.
Lincoln Clay, der Protagonist von Mafia III, stolpert 1968 nach seiner Rückkehr aus dem Vietnamkrieg in den Untergrund New Bordeauxs. Die Stadt in den Südstaaten der USA ist eine fiktive Version von New Orleans und Schauplatz des Action-Adventures. Der Ort vibriert förmlich durch sein reges Nachtleben, das Abend für Abend zu ausschweifenden Partys einlädt, und vereint Menschen verschiedenster Herkunft, die jene Partys zu einem kultischen Potpourri machen. Einwohner aus Amerika, Frankreich, Irland, Haiti oder Afrika tummeln sich in den zehn Distrikten, von French Ward, dem Zentrum der ungezwungenen Unterhaltung, bis Bayou Fantom, der sumpfigen Randgegend New Bordeauxs. Doch so bunt das Treiben an der Oberfläche ist, so finster und unheilvoll geht es darunter zu: Organisiertes Verbrechen, Korruption oder rassistisch motivierte Gewalt gehören ebenso zur Stadt, die sowohl Schmelztiegel der Kulturen als auch Sammelbecken des Frevels ist.
Für sich allein bildet New Bordeaux jedoch lediglich das Gerüst von Mafia III. Die Stadt fungiert als Körper, der an sich noch nicht viel bewirken kann. Und hier kommt die Musik ins Spiel. Sie haucht dem Körper das Leben ein. Sie ist Teil des Geistes, seiner unverwechselbaren Persönlichkeit.
Wenn sich Lincoln Clay zu Cleerence Clearwaters “Green River” durch die grün-modrigen Sümpfe Bayou Fantoms schlägt oder wenn er zu ”Paint it Black” in einem Muscle Car durch grell leuchtenden Straßen French Wards fährt, dann ist es das harmonische Zusammenspiel zwischen der Musik und der jeweiligen Kulisse des Schauplatzes, das uns vollkommen am Geschehen teilhaben lässt. Erst die Symbiose von Soundtrack und New Bordeaux zieht uns nahezu magnetisch in eine Welt, die bunt und vielseitig ist aber gleichzeitig droht, wegen der gesellschaftlichen Turbulenzen aus den Fugen zu geraten.
Den Soundtrack von Mafia III könnt ihr euch in dieser Spotify-Playlist anhören.